Parameter

Seit der Einrichtung des Langzeit-Bewässerungsexperiments im Pfynwald im Jahr 2003 wurden über 120 Parameter in verschiedenen Forschungsprojekten auf mehreren räumlichen und zeitlichen Ebenen gemessen. Im Folgenden sind die Einzelheiten zu den Parametern, die für das VPDrought-Projekt spezifisch sind, aufgeführt und erläutert.

Ein Klick auf die Text-Tags zeigt die Definition des jeweiligen Parameters, die Erläuterungen zu der Messmethode und die Bedeutung für die Waldföhren im VPDrought-Experiment. 

Solarstrahlung

Die Solarstrahlung bezieht sich auf die gesamte elektromagnetische Strahlung, die von der Sonne ausgeht. Sie umfasst ein breites Spektrum von Wellenlängen, einschliesslich sichtbarem Licht, ultravioletter (UV) Strahlung und Infrarotstrahlung (IR; Wärmestrahlung).

Die photosynthetisch aktive Strahlung (auf Englisch Photosynthesis Active Radiation, PAR; μmol/m/s) umfasst den Teil der Solarstrahlung, der von Pflanzen für die Photosynthese genutzt werden kann. Die Solarstrahlung erhöht die Temperatur der Blätter, was die Transpiration (Verdunstung von Wasser über die Blätter oder Nadeln) fördert. Dies hilft der Pflanze, Nährstoffe aus dem Boden aufzunehmen und die Blätter zu kühlen, um Überhitzung zu vermeiden.

Im VPDrought-Experiment messen wir PAR an einem Gerüst über den Baumkronen.  

Baumkronentemperatur

Pflanzen reflektieren, absorbieren und emittieren Lichtenergie in verschiedenen Wellenlängen, je nach ihrer Vitalität und den Umweltbedingungen, denen sie ausgesetzt sind. Bei trockener Hitze, wenn das Wasser knapp ist, ist das Sonnenlicht oft am stärksten. Die Blätter oder Nadeln befinden sich dann in einem unausgewogenen Zustand: Sie nehmen mehr Energie auf, als sie für die Photosynthese benötigen, da sich die Spaltöffnungen (Stomata) schliessen, um den Wasserverlust durch Transpiration (Verdunstung von Wasser über die Blätter oder Nadeln) zu reduzieren. Mit sinkender Transpiration sinkt auch der Kühleffekt und die Temperaturen in der Baumkrone steigen an.

Im VPDrought-Experiment überwachen wir die Temperatur der Baumkronen mit 16 Infrarotsensoren (IR; °C) über den Baumkronen. So können wir feststellen, wann die Waldföhren unter Wasserstress stehen.

Niederschlag

Niederschlag ist der Prozess, bei dem Wasser aus der Atmosphäre auf die Erdoberfläche gelangt. Dies umfasst Wasser in verschiedenen Formen wie Regen, Schnee, Hagel, Graupel und Tau. 

Der Niederschlag sorgt dafür, dass Pflanzen Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen können und ausreichend Wasser für die Transpiration (Verdunstung von Wasser über die Blätter oder Nadeln) haben. Transpiration kühlt die Blätter und Nadeln und hilft, Nährstoffe in die verschiedenen Pflanzenteile zu transportieren. Der Niederschlag ist hauptverantwortlich dafür, dass die Böden ausreichend durchfeuchtet sind und die Stoffwechselprozesse stattfinden können. Somit beeinflusst der Niederschlag über die Wasserverfügbarkeit im Boden direkt das Wachstum und die Entwicklung von Pflanzen.

Im VPDrought-Experiment messen wir den Niederschlag mit einem Regenmesser über den Baumkronen. Zudem ermitteln wir mit Hilfe von zufällig verteilten Regensammlern unter dem Kronendach die Interzeption (Rückhaltefähigkeit von Niederschlag der Bäume und Sträucher).

Lufttemperatur

Die Lufttemperatur (T; °C) ist ein Mass für die Wärmeenergie der Luft. Die Lufttemperatur beeinflusst viele meteorologische und klimatische Prozesse und ist ein wichtiger Faktor für biologische Vorgänge und Ökosystemprozesse.

Bei Pflanzen beeinflusst die Lufttemperatur die Rate der Photosynthese und andere Stoffwechselprozesse und reguliert deren Wachstum und Entwicklung. Die Transpiration (Verdunstung von Wasser über die Blätter oder Nadeln) steigt mit zunehmender Temperatur an. Temperaturen unter dem Gefrierpunkt können zu Frostschäden führen. Extrem hohen Temperaturen können zu Blattverbrennungen, Wachstumsstörungen und im schlimmsten Fall zum Absterben der Pflanze führen.

Im VPDrought-Experiment messen wir die Lufttemperatur und die relative Luftfeuchtigkeit mit 59 Sensoren auf verschiedenen Höhen, unter, in und über den Baumkronen, an 16 Gerüsten auf allen Behandlungen.

Relative Luftfeuchtigkeit

Die relative Luftfeuchtigkeit (RH; %) ist ein Mass für den Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Sie gibt an, wie viel Wasserdampf die Luft im Vergleich zur maximalen Menge enthält, die sie bei einer bestimmten Temperatur halten kann. Mit zunehmender Temperatur nimmt diese Menge überproportional zu.

Die relative Luftfeuchtigkeit spielt eine wichtige Rolle für die Transpiration (Verdunstung von Wasser über die Blätter oder Nadeln) von Pflanzen. Durch Transpiration können Pflanzen Wasser und Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen und ihre Blätter und Nadeln abkühlen. Bei zu niedriger Luftfeuchtigkeit schliessen sich die Spaltöffnungen (Stomata), um Wasser zu sparen, was die CO₂-Aufnahme reduziert und die Photosyntheseleistung beeinträchtigt.

Meist ist die relative Luftfeuchtigkeit unter den Baumkronen etwas höher als darüber. Im VPDrought-Experiment messen wir die Lufttemperatur und die relative Luftfeuchtigkeit mit 59 Sensoren auf verschiedenen Höhen, unter, in und über den Baumkronen, an 16 Gerüsten auf allen Behandlungen.

Dampfdruckdefizit

Das Dampfdruckdefizit (Vapor Pressure Deficit, VPD; kPa) ist ein Mass für die Differenz zwischen dem tatsächlichen Dampfdruck des Wasserdampfs in der Luft (ea) und dem Sättigungsdampfdruck (es) bei einer bestimmten Temperatur. Die Berechnung von VPD basiert auf der relativen Luftfeuchtigkeit (RH) und der Lufttemperatur (T) und ist in der folgenden Gleichung beschrieben.

VPD = es – ea  =  0.611 (17.27 x T / (237.3 + T)) – RH x es/100

Einfach ausgedrückt: VPD beschreibt, wie “durstig” die Luft ist und gibt an, wie viel mehr Wasserdampf die Luft bei einer bestimmten Temperatur aufnehmen kann, bevor sie gesättigt ist.

VPD ist ein entscheidender Faktor für die Transpiration (Verdunstung von Wasser über die Blätter oder Nadeln) und somit für die Wasserversorgung und Kühlung bei Pflanzen. Die Transpiration erzeugt einen Sog im Wasserleitungssystem der Pflanze, der es den Wurzeln ermöglicht, Wasser und darin gelöste Nährstoffe aus dem Boden aufzunehmen. Ein angemessenes VPD fördert eine effiziente Wasseraufnahme. Zu hohe VPD-Werte können jedoch zu einer übermässigen Wasserabgabe führen, was die Pflanze unter Trockenstress setzt. Um dem entgegenzuwirken, kann die Pflanze die Spaltöffnungen (Stomata) der Blätter oder Nadeln schliessen, um Wasser zu sparen. Dies hat allerdings den Nachteil, dass die CO₂-Aufnahme reduziert und die Photosyntheseleistung beeinträchtigt wird.

Im VPDrought-Experiment reduzieren wir das VPD in den Baumkronen von jeweils 3-5 Waldföhren an 6 Gerüsten, um den Einfluss von VPD auf die Stoffwechselprozesse der Bäume zu untersuchen.

Bodenmatrixpotential

Das Bodenmatrixpotential (Ψ; kPa), oft als Bodenwasserspannung oder Bodenfeuchtigkeitspotential bezeichnet, ist ein Mass für die Energie, die notwendig ist, um Wasser aus dem Boden zu extrahieren.

Es spiegelt die Anziehungskraft des Bodens auf das Wasser wider, die durch die Matrix des Bodens (also die Feststoffteilchen und deren Struktur) ausgeübt wird. Diese Anziehungskraft wird durch Kapillarkräfte und Adsorptionskräfte verursacht. Ein niedriges Bodenmatrixpotential (sehr negative Werte) bedeutet, dass das Wasser stark an die Bodenpartikel gebunden ist und es für Pflanzen schwieriger ist, dieses Wasser aufzunehmen. Ein hohes Bodenmatrixpotential (weniger negative Werte) bedeutet, dass das Wasser weniger stark gebunden und leichter für Pflanzenwurzeln verfügbar ist. Das Bodenmatrixpotential stellt im Gegensatz zum Bodenwassergehalt einen direkten Zusammenhang zum Trockenstress der Pflanze her. 

Im VPDrought-Experiment messen wir den Bodenwassergehalt laufend mit 45 Sensoren, an 15 Messstandorten und in 3 verschiedenen Tiefen (10, 80, 120 cm) auf den Kontroll-, bewässerten- und trockenen Flächen.

Bodentemperatur

Die Bodentemperatur (T; °C) wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, einschliesslich der Lufttemperatur, der Sonneneinstrahlung, der Bodenbedeckung, der Bodenfeuchtigkeit und der Bodeneigenschaften. Die Bodentemperatur variiert im Tages- und Jahresverlauf und spielt eine entscheidende Rolle in vielen biologischen und biogeochemischen Prozessen im Boden.

Das Wachstum und die Entwicklung der Wurzeln sind stark temperaturabhängig. Warme Bodentemperaturen fördern in der Regel das Wurzelwachstum, während kalte oder zu hohe Bodentemperaturen das Wachstum verlangsamen können. Die Aktivität von Mikroorganismen im Boden, die für den Abbau organischer Substanzen und die Nährstofffreisetzung für Pflanzen wichtig sind, wird durch die Bodentemperatur gesteuert. Warme Temperaturen fördern die mikrobielle Aktivität, während kalte Temperaturen diese verlangsamen. 

Im VPDrought-Experiment messen wir die Bodentemperatur laufend mit 45 Sensoren, an 15 Messstandorten und in 3 verschiedenen Tiefen (10, 80, 120 cm) auf den Kontroll-, bewässerten- und trockenen Flächen. 

Stammradiusänderungen

Baumstämme schrumpfen tagsüber und dehnen sich nachts wieder aus. Diese täglichen Schwankungen sind eine Folge der aktuellen Wassersättigung des Baumes. Die Wassersättigung eines Baumes wird durch die Transpiration (Verdunstung von Wasser über die Blätter oder Nadeln) und die Wasseraufnahme der Wurzeln im Boden bestimmt. Wasserbedingte tägliche Stammradiusänderungen haben einen direkten Einfluss darauf, wann ein Baum neue Holz- und Rindenzellen bilden kann, d.h. wann er wächst. Kontinuierliche Langzeitmessungen des Stammradius’ liefern somit Informationen über den Wasserhaushalt, den Zeitpunkt und die Rate des Wachstums eine Baumes. 

Im VPDrought-Experiment messen Punktdendrometer alle 10 Minuten die Schwankungen der Stammradien an 45 Bäumen auf Brusthöhe (1.3 m) mit einer Auflösung im Mikrometerbereich (μm). Die vollautomatischen Messgeräte liefern alle 10 Minuten einen Messpunkt und decken alle Behandlungen ab. Die Messpunkte werden auf dem TreeNet-Server prozessiert, um die Komponenten Wachstum und Baumwasserdefizit zu berechnen.

Baumwasserdefizit

Das Baumwasserdefizit, oder Tree Water Deficit (TWD; μm) bezeichnet den Zustand, in dem ein Baum weniger Wasser aufnimmt, als er durch Transpiration (Verdunstung von Wasser über die Blätter oder Nadeln) verliert. Dies führt zu einer negativen Wasserbilanz, wodurch der Baum unter Wassermangel leidet. Das Baumwasserdefizit kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden, wie Trockenheit, unzureichende Niederschläge, hohe Temperaturen, starke Winde oder einen schlecht durchlässigen Boden.

Ein erhöhtes Baumwasserdefizit reduziert die Photosynthese, da die Spaltöffnungen (Stomata) sich schliessen, um den Wasserverlust zu minimieren. Dies begrenzt den CO₂-Eintritt und somit mittelfristig das Wachstum und die Biomasseproduktion des Baumes. Viele Bäume reagieren auf Wasserdefizit, indem sie Blätter bzw. Nadeln abwerfen, um den Wasserverlust zu minimieren. Dadurch verringert sich die Photosynthesefläche und somit die Energieproduktion, was die Gesundheit und das Wachstum des Baumes weiter schwächt.

Bei starkem Wasserdefizit kann es zu einem hydraulischen Versagen kommen, bei dem die Wasserleitungsbahnen (Xylem) durch Lufteinschlüsse (Kavitation) blockiert werden. Dies verhindert den Wassertransport von den Wurzeln zu den Blättern und Nadeln und kann zum Absterben von Pflanzenteilen oder sogar des gesamten Baumes führen. Anhaltender Wassermangel kann zu chronischem Stress führen, der die langfristige Gesundheit und Überlebensfähigkeit des Baumes beeinträchtigt. Wiederholte Trockenstressperioden können die Vitalität des Baumes schwächen und seine Lebenserwartung verringern.

Im VPDrought-Experiment wird das Baumwasserdefizit von Stammradiusänderungsmessungen hergeleitet. Diese Messungen werden mit Punktdendrometern an 45 Baumstämmen auf Brusthöhe (1.3 m) durchgeführt. Die vollautomatischen Messgeräte liefern alle 10 Minuten einen Messpunkt und decken alle Behandlungen ab. Die Messpunkte werden auf dem TreeNet-Server prozessiert um die Komponenten Wachstum und Baumwasserdefizit zu berechnen.

Saftfluss

Der Saftluss (L/h) bezeichnet die Bewegung von Wasser und gelösten Nährstoffen durch das Gefässsystem von Pflanzen, insbesondere in den Xylem-Gefässen. Dieser Prozess ermöglicht den Transport von Wasser und Mineralien von den Wurzeln zu den Blättern oder Nadeln, wo sie für die Photosynthese und andere lebenswichtige Prozesse verwendet werden. Saftflussdaten liefern somit Einblicke in die Wasserbewegung im Baumstamm, die hauptsächlich durch die Transpiration (Verdunstung von Wasser über die Blätter oder Nadeln) in der Krone und die Wasseraufnahme über die Wurzeln gesteuert wird. Dank dieser Daten berechnen wir, wie viel Wasser die Bäume nutzen und wie sie den Wasserverlust durch das Schliessen der Spaltöffnungen (Stomata) regulieren.

Um den Saftfluss im VPDrought-Experiment zu messen, verwenden wir die Heat Ratio Methode (HRM). Dabei werden an 45 Bäumen auf allen Behandlungen Sensoren in das Splintholz des Baumstammes eingeführt. Diese Sensoren bestehen aus einer Heiznadel und zwei Temperaturnadeln, die oberhalb und unterhalb der Heizung positioniert sind. Durch periodisches Erhitzen der mittleren Nadel messen die Sensoren die Temperaturunterschiede, die durch den Saftfluss entstehen. Durch die Analyse der Geschwindigkeit, mit der sich die Wärme ausbreitet, können wir das transportierte Wasservolumen quantifizieren.

Windgeschwindigkeit und Windrichtung

Windgeschwindigkeit (m/s) und Windrichtung werden mit einem Anemometer gemessen, einem Gerät, das die Bewegung der Luft erfasst.

Die Windrichtung wird in Grad (von 0° bis 360°) oder mittels Himmelsrichtungen (N, NE, E, SE, S, SW, W, NW) angegeben. Beispielsweise bedeutet eine Windrichtung von 90°, dass der Wind aus dem Osten kommt.

Die Windgeschwindigkeit beeinflusst die Verdunstungsrate von Wasser an der Erdoberfläche und die Abgabe von Wasser durch Pflanzen in die Atmosphäre. Der Pfynwald, wie das gesamte Walliser Haupttal, ist geprägt von einer Berg- und Talwind-Zirkulation. Nachts strömt die Luft talabwärts, während sie tagsüber talaufwärts fliesst. Die höchsten Windgeschwindigkeiten werden jeweils am späten Nachmittag erreicht.

Im VPDrought-Experiment messen wir Windgeschwindigkeit und Windrichtung mit 11 Anemometern an 7 Gerüsten in verschiedenen Höhen von 2 m über Boden bis über das Kronendach sowie an mindestens einem Punkt im Kronendach aller Bäume, bei denen das Dampfdruckdefizit (VPD) reduziert wird. Die Windgeschwindigkeit beeinflusst die Wassermenge, die zur Reduktion des VPD benötigt wird. Die Windrichtung ist entscheidend dafür, dass die Luft mit reduziertem Dampfdruckdefizit in die Baumkronen der ausgewählten Messbäume getragen wird.